Stammzellspende
Hallo
meine Lieben. Heute ein eher schwieriges Thema. Zuerst möchte ich sagen, dass
es mir gut geht und ihr euch keine Sorgen machen müsst! Ich möchte euch einfach
von einem Erlebnis erzählen, dass ich niemals vergessen werde.
Mein
Freund hat im Mai 2019 Stammzellen gespendet und ich durfte ihn begleiten.
Nicht
ganz zwei Monate zuvor wurde er benachrichtigt, dass er als möglicher
Stammzellenspender, für einen an Blutkrebs erkrankten Patienten, in Frage
kommt. Es kann nur zu einer Spende kommen, wenn die Oberflächenstruktur der
Stammzellen beider Personen identisch ist, da der Körper des Patienten
ansonsten die empfangenen Stammzellen abstößt. Das ist seit seiner Registrierung
2016 schon zum zweiten Mal passiert. Die Chancen, dass man zwei Mal als Spender
in Frage kommt liegen bei etwa 1 zu 100.000. Leider ist der damalige Patient
kurz vor der Spende verstorben.
Auch dieses Mal war der Patient in einem sehr kritischen Zustand, weswegen schnell gehandelt werden musste. Er ließ sich sofort einen Termin bei seinem Hausarzt machen, bei welchem er etwa einen Liter Blut zur Untersuchung abnehmen ließ. Nach etwa einer Woche kam aus dem Labor die Meldung, dass seine Stammzelleigenschaften denen des Patienten gleichen. Kurz: Er stand als Spender fest. Anschließend wurde er auf alle möglichen Krankheiten untersucht, damit es bei der Spende nicht zu Komplikationen kommt. Zitat eines Arztes: "so gründlich wirst du wahrscheinlich nie wieder untersucht werden". Nachdem mein Freund anschließend als risikofrei diagnostiziert wurde, bekam er einige Medikamente verschrieben. Diese Medikamente musste er sich eine Woche vor der Spende täglich zweimal selbst spritzen. Die Wirkstoffe treiben die Bildung von Stammzellen im Körper an und ermöglichen die Entnahme einer großen Menge von Stammzellen. Dies war am Anfang schwer, aber da er es für einen guten Zweck gemacht hat, konnte er sich schnell überwinden. Der Tag der Abnahme wurde auf den 29.05.2019 gesetzt.
Vom 28. bis zum 29.05.2019 ging es deshalb für mich nach Dessau. Dort befindet sich die Zentrale der Deutschen Stammzellspenderdatei, oder kurz "DSD". Mein Freund ist wegen erneuten Untersuchungen schon einen Tag vorher hingefahren.
Untergekommen
sind wir in einem wirklich schönen Hotel, inklusive Frühstück. Dort angekommen
sind wir durch Dessau geschlendert und waren am Abend dann noch in einem
Restaurant essen. Alle Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten wurden
übrigens von der DSD übernommen. Den Abend haben wir dann einfach ein bisschen
entspannt verbracht, aber lange konnten wir nicht wachbleiben, denn am nächsten
Tag ging es schon um 7:00 Uhr los. Nach dem Frühstück sind wir zum Klinikum
gefahren, welches sich direkt neben der DSD-Zentrale befindet. Dort musste mein
Freund wieder zu einer Blutuntersuchung, bevor es dann wirklich los ging. Es
wurde ernst. Zurück im DSD-Gebäude musste mein Freund 3 Becher mit Wasser und
Nährstofftabletten trinken. Dann wurde er in den Raum geführt, in dem die Stammzellen
entnommen werden. Die Begleitung, in diesem Fall ich, wurde erstmal in einem
Warteraum zurückgelassen, damit während der "Verkabelung" des
Spenders niemand im Weg steht. Dies war mir auch ganz Recht, denn Spritzen sind
nicht mein Favorit. Danach wurde ich aber sofort geholt.
Bei meinem Freund wurden die Kanäle recht schnell gelegt.
Üblicherweise wird in den rechten Arm eine Ausgangskanüle und in den linken
eine Eingangskanüle gelegt. Das Blut fließt aus dem Körper in eine Maschine. Dort
werden die Stammzellen vom Blut mittels einer Zentrifuge getrennt. Anschließend
wird das Blut über die Eingangskanüle wieder dem Spender zugeführt. Das heißt,
dass man bei dieser Art der Stammzellspende, kein Blut verliert. Diese Prozedur
dauert durchschnittlich zwischen drei und fünf Stunden. Reichen die Stammzellen
dann jedoch nicht aus, muss man am nächsten Tag nochmal an die Maschine
angeschlossen werden.
Die Entnahme des Bluts ist an sich schmerzfrei. Allerdings können die Kanülen in den Armen nach einiger Zeit zu Schmerzen führen. So war es auch bei meinem Freund der Fall, dass sich sein Körper nach etwa drei Stunden meldete und die Kanülen loswerden wollte. Dieser Wunsch wurde durch sehr starke Schmerzen in den Armbeugen bemerkbar, die er wie folgt beschrieb: "es fühlt sich an, als wenn jemand mit einem rostigen Messer in meinem Arm herum bohrt". Dass er diesen Schmerz dann noch zwei weitere Stunden aushalten musste, nahm er angesichts des Lebens, das er retten würde dennoch hin.
Nach insgesamt 5 Stunden war es dann soweit. Die Kanülen wurden entfernt und das Resultat war ein Beutel mit etwa 300ml purer Stammzellen. Die Farbe dieser dickflüssigen Substanz kann man als Taxi-Beige beschreiben. Da es gereicht hat, konnte die Konserve dann sofort verschickt werden, damit der Patient so schnell wie möglich behandelt werden konnte.
Am Ende hat sich auch der leitende Arzt nochmal mit uns unterhalten und einige Fragen beantwortet. Man merkte auf jeden Fall, dass sich Zeit genommen wird. Während des gesamten Ablaufs wird man nicht einfach abgearbeitet, sondern es wird sich sehr gut um einen gekümmert und es sind wirklich alle unglaublich nett. Man wird auch regelmäßig, sogar bis direkt vor der Spende gefragt, ob man diese wirklich durchführen möchte. Allerdings sollte man sich eine Absage sehr gut überlegen. Denn eine Woche bevor es zur Transplantation beim Empfänger kommt, wird sein Immunsystem komplett runtergefahren. D.h. er hat absolut keine Abwehrkräfte mehr. Entscheidet man sich also kurz vor der Spende dagegen, stirbt der Empfänger sicher. Die Chance, dass der Körper des Patienten auf die Behandlung anspringt und überlebt liegt bei 70%. Falls die Behandlung erfolgreich ist, wird der Empfänger die Bluteigenschaften, Blutgruppe und das Immunsystem des Spenders übernehmen. Wenn der Spender also an Heuschnupfen leidet, wird es dem Empfänger ähnlich ergehen. Aber angesichts der Lebensgefahr ist dies wohl das kleinste Übel.
Aber ihr solltet trotzdem keine Angst vor diesem Schritt haben.
Zunächst wird man angerufen, dass man als Spender in Frage kommt. Dann bekommt
man ein Set aus verschiedenen Röhrchen zugeschickt, mit dem man zu seinem
Hausarzt geht. Dort wird einem Blut abgenommen, welches in den Röhrchen zur
Untersuchung geschickt wird. Liegt dann eine Übereinstimmung vor, kann man
Spenden. Stimmt man dem zu, wobei man jederzeit nein sagen kann, bekommt man
Spritzen, die den Körper anregen vermehrt Stammzellen zu bilden. Diese spritzt
man sich, wie Insulin, in den Bauch. Dies kann man alleine machen oder sich
natürlich helfen lassen. Ein Arzt in der Nähe macht das mit Sicherheit auch
gerne. Mein Freund hat sich schnell daran gewöhnt und es selbst gemacht. Dazu
erhält man auch eine DVD in der das genaue Vorgehen nochmals ausführlich
erklärt wird.
Natürlich kann es zu Nebenwirkungen kommen, aber da man wirklich
gut ärztlich betreut wird, hat man eigentlich nicht viel zu befürchten. So kann
es zum Beispiel zu Rückenschmerzen kommen oder Erkältungssymptomen kommen. Man
wird auch vorher über alles aufgeklärt.
Die
Identität des Patienten ist während des gesamten Prozesses anonym. Erst ein
Jahr nach der Spende darf es zu einem Treffen kommen. Was wir aber bisher
wissen: es handelt sich bei dem Patienten um einen 28- oder 29-jährigen Mann
aus dem Raum Hamburg. Er hat die Transplantation gut überstanden und ist auf
dem Weg der Genesung.
Eine
weitere Möglichkeit der Spende ist die Knochenmarkspende. Diese wird aber nur
in 20 % der Fälle gemacht. Dies ist in den dringendsten Fällen und bei sehr
kleinen Kindern der Fall, wie uns der Arzt erklärte. Dabei wird aus dem
Beckenkamm ca. 1 Liter Knochenmark-Blut-Gemisch entnommen. Innerhalb von zwei
bis vier Wochen regeneriert sich das Knochenmark beim Spender wieder.
Die
Erfahrung war wirklich unglaublich und es fühlte sich gut an, einen Menschen
helfen zu können, auch wenn ich nur als Unterstützung da war. Ich bin selbst
bei der DSD registriert und kann es allen nur ans Herz legen! Die Registrierung
ist super einfach und kostenlos. Man bestellt sich ein Set und muss dann einen
Wangenabstrich machen. Das tut nicht weh und dauert eine Minute. Diese sollte
jeder haben, um seinen genetischen Zwilling eine zweite Chance geben zu können!
Weitere Informationen und den Weg zu eurer Registrierung findet ihr unter https://www.deutsche-stammzellspenderdatei.de/ oder falls ihr euch bei der DKMS regestrieren wollt unter: https://www.dkms.de/de . Alle Spenderdateien arbeiten zusammen.
Auch
ihr könnt Leben schenken! Und euch ein tolles Gefühl.
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