"Mein Jakobsweg" Teil 1/10


Heute möchte ich euch die Geschichte einer sehr sehr guten Freundin von mir vorstellen. Sie hat sich dazu entschieden zu Pilgern. In einem Tagebuch hat sie ihre Erfahrungen und Gefühle währenddessen festgehalten und ich darf das alles jetzt hier mit euch teilen. Da das ganze natürlich nicht nur einen Tag gedauert hat unterteile ich das Ganze und ihr müsst euch dann immer bis zum nächsten Teil gedulden. Insgesamt wird es 10 Teile geben. Zunächst mag das als riesiger Text erscheinen, aber jeder Teil hat nur ca. eine A4 Seite und da sie wirklich lesenswert ist und man selbst viel daraus mitnehmen kann empfehle ich euch die Geschichte zu lesen.

Sie ist von Bremen nach Porto (Portugal) geflogen und von dort aus nach Santiago (Spanien) zur Kathedrale gelaufen. Danach ist sie wieder mit dem Bus nach Porto gefahren, wo sie sich noch zwei bis drei Tage aufgehalten hat. Dann ging es wieder nach Bremen.

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Es ist der 24.06.2018 und ich sitze nun endlich im Flugzeug. Somit geht meine große Reise los. Es fühlt sich total unglaubwürdig an. Ich kann es einfach nicht glauben. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht weiß was genau ich da „gebucht“ habe. Langsam wird die Angst größer. Gestern Abend, beim Abschlussball, fragte ich mich: schaffe ich das? wie wird es mit der Verständigung klappen? und vor allem wie gehe ich mit dem Alleinsein um? Schließlich ist dort kein vertrautes Gesicht. Gerade vor der Verständigung habe ich Angst- habe ich ja eh immer. Trotzdem ist heute alles komisch (abgesehen von den Blasen, an meinen Hacken, mit welchen ich starte). Thorben hat seine GoPro vergessen, also hatte ich keine Camara… doch dann kam Nadja um die Ecke und hat mir ihre alte gegeben. Außerdem hatte ich in der Nacht einen Krampf in der Wade und mein Rucksack ist auch viel schwerer als bei der 1. Wanderung -> kein guter Start.  Da ich kein gutes Gefühl habe und echt müde bin, habe ich mir ab dem Flughafen (hoffentlich) ein Taxi gebucht (es ist fraglich, ob das geklappt hat...) Ich glaube, ich weiß echt nicht was ich mir hier zumute… ich werde es sehen.  -> Merke: Zweifel vor dem Start sind ganz normal! 


Am Flughafen hat alles gut geklappt, die Buchung hat tatsächlich funktioniert. Der Taxifahrer war auch sehr nett und wir haben uns gut unterhalten. Ich glaube, er merkte wie skeptisch ich bin und machte mir Mut, schließlich sei ich nie alleine, auf dem Camino ist immer jemand! Als ich dann im Hostel angekommen bin, war es anfangs sehr komisch, denn direkt an meinem Fußende saß ein junger Japaner- ich fühlte mich ängstlich und alleine. Nachdem ich große Probleme mit dem Bettbezug oder Bettlaken? hatte, überkam mich der Hunger. Da es Sonntag war und ich bei Googlemaps kein Restaurant fand, suchte ich nach einem McDonalds. Ca. 15 min Fußweg und sehr leicht zu finden, fand ich einen.  Das Essen war frisch und wirklich gut. Ich bin für 5-6 Euro satt geworden. Zurück im Hostel legte ich mich nur noch ins Bett und stellte dann mein WhatsApp aus. Besonders schön war heute die Aussicht aus dem Flugzeug. Ich fühlte mich heute so lala, ängstlich, aufgeregt, aber stolz. Mein Wunsch für die nächsten Tage: Durchhalten, keine bzw. kaum Schmerzen.


Die Nacht war gut. Mit Ohrstöpsel und Schlafmaske auch recht angenehm. Ich bin gegen 8:00 Uhr aufgestanden und habe mich schnell im Bad umgezogen, damit ich keinen der sieben Anderen aufwecke.  Nach einem sehr guten Frühstück, (Tost, Müsli und einem Muffin) bin ich mit der Metro (4km) zur Kathedrale gefahren. Ich habe es sogar geschafft mir ein Ticket auf Portugiesisch zu kaufen- stolz. Dort angekommen hatte ich überhaupt kein Plan und fühlte mich verloren. Ich dachte, dort sei alles total gut ausgeschildert, aber ich sah nichts… In der Information holte ich mir dann meinen Stempel ab und fragte nach dem Weg. Leider sprach die Frau sehr schnell und undeutlich, somit verstand ich sie kaum… so packte ich meine Sachen total planlos wieder ein. Doch dann kam wie aus Zauberhand ein deutsches Ehepaar um die Ecke. Ich war so froh und siehe da, sie gehen auch den Küstenweg. Also schloss ich mich ihnen einfach an. Ralf ist letztes Jahr schon den französischen Weg gegangen, hatte aber noch Zeit über und ist deshalb noch diesen Weg in 8 Tagen gegangen- was für ein Tier. Somit hatte er voll den Plan. Gott sei Dank, denn sonst hätte ich nie den Weg gefunden- die beiden wurden vom Himmel geschickt. Aber es wird ja nicht umsonst gesagt: „Der Camino schickt dir immer die richtigen Menschen zur richtigen Zeit.“ Auf dem weiteren Weg kamen wir an zwei weiteren Pilgern vorbei- wohlgemerkt an den ersten anderen…und später noch an einer Frau (Gabi), die sich nach dem Weg erkundigte. Da sie auch aus Deutschland kommt, gingen wir den Weg gemeinsam. Es wurde echt anstrengend, doch durch die Unterhaltungen ging es. Da das Ehepaar- beide sehr nett und sehr Hilfsbereit, eine Hotel-Reise macht, suchten Gabi und ich uns eine Unterkunft zusammen. Wir fanden jedoch nur das Hotel vom Ehepaar. Nun teilen wir uns für 40 Euro zusammen ein 1,40m Bett. Wir haben uns schon richtig gut unterhalten. Beate (die Ehefrau) meinte, man müsse die Dinge annehmen und das Positive sehen. Außerdem kann eine Ehe nur funktionieren, wenn es im Bett passt- haha, Zitat der Mittagspause. Der Höhepunkt des Tages war, meine „Gang“ zu finden. Die 15 km waren nicht einfach... Es war ein teurer Tag: 3€ Mittagessen, 15 € Abendessen (Steak- war ganz okay) und die Übernachtung mit Frühstück 22,50€. Es ist auch sehr komisch, was man sich nach einigen km anvertraut. Quasi wie vertraut es wird. Wahrscheinlich, weil alle ein gemeinsames Ziel haben. So gibt es eigentlich immer Gesprächsstoff. Es tut aber auch sehr gut mit Fremden zu reden. 


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